Von Pepe Escobar, Asia Times und RT 8.1.2015 |
Sorgfältige Planung und Vorbereitung, Kalaschnikows, Panzerfäuste, Sturmmasken, sandfarbene Munitionswesten vollgestopft mit Ersatzmagazinen, Armeestiefel, problemlose Flucht im schwarzen Citroen...
Und als Zuckerguss auf dieser höchst tödlichen Torte die fehlerlos funktionierende logistische Unterstützung vor Ort in Paris, um das ganze Ding durchzuziehen. Ein früherer hochrangiger französischer Militärkommandeur strich die perfekte Anwendung „urbaner Guerillatechniken“ heraus. (Wo sind die sonst allgegenwärtigen westlichen Antiterror-“Experten“ wenn man sie braucht?)
Die einen sagen, die Attentäter sprachen perfekt Französisch, die anderen sagen, ihr Französisch sei eher gebrochen und fehlerhaft gewesen. Wie dem auch sei, sie äußerten die magischen Worte: „Wir sind Al Qaida.“ Noch besser, sie sagten einem Mann auf der Straße: „Sagen Sie den Medien, dass dies Al Qaida im Jemen ist“, was in amerikanischer Terror-Terminologie heißt, dass es sich um Al Qaida auf der arabischen Halbinsel (AQAP Al Qaida in the Arab Peninsula) handelt, die Charlie Hebdos Herausgeber und Zeichner Stéphane Charbonnier („Charb“) auf einer Todesliste führten, die ordnungsgemäß von AQAPs Hochglanzmagazin Inspire veröffentlicht wurde. Anklage: „Beleidigung des Propheten Mohammed.“
Und nur um sicherzugehen, dass sich in alle Hirne einbrennt, wer die Attentäter waren, riefen die Killer noch „Allahu Akbar“, „Wir haben Charlie Hebdo getötet“ und „Wir haben den Propheten gerächt.“
Der Fall ist doch wohl klar, oder? Nun, die französische Polizei brauchte nur wenige Stunden um die (üblichen?) Verdächtigen zu identifizieren: Die französisch-algerischen Brüder Said und Cherif Kouachi. Der dritte Mann, der Fahrer des schwarzen Citroen, allem Anschein nach der 18-jährige Hamyd Mourad, stellte sich selbst, hatte aber ein wasserdichtes Alibi für die Tatzeit. Der dritte Mann ist also weiterhin ein Rätsel.
Alle trugen Sturmmasken. Die Kouachi-Brüder wurden nicht gefasst (mittlerweile wurden sie praktischerweise erschossen, A.d.Ü.), aber die Polizei scheint genau zu wissen, wer sie sind, weil ein verwaister Personalausweis in dem schwarzen Citroen gefunden wurde (oje, diese Schwierigkeiten, mit denen man in der Hitze eines Einsatzes klarkommen muss ...) Woran liegt es, dass die Behörden vor dem Gemetzel nichts von alledem wussten?
Unmittelbar nach dem Attentat war die Biografie von Cherif Kouachi überall zu lesen. Er wurde weltweit gesucht. Im März 2008 wurde er zusammen mit sechs anderen wegen „Terrorismus“ zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt; tatsächlich hatte er ein Dutzend junger Franzosen unter dem Vorwand von Studienaufenthalten in Ägypten und Syrien an niemand anders als Abu Musab al-Zarqawi geliefert, den von einer amerikanischen Rakete getöteten früheren Kopf von Al-Qaida im Irak und spirituellem Vater von Daesh/ISIS/ISIL.
Desgleichen war unmittelbar nach dem Attentat sofort eine komplette Version der Ereignisse verfügbar, um die Massen zu informieren. „Experten“ der französischen Polizei zufolge könnte dieser Angriff „im Ausland in Auftrag gegeben und von Dschihadisten ausgeführt worden sein, die aus Syrien zurückgekehrt und uns entkommen sind“, oder es könnte sich um „Idioten aus den Vorstädten handeln, die sich selbst radikalisiert und diesen militärisch durchgeführten Anschlag im Namen von Al Qaida geplant und ausgeführt haben“.
Streichen Sie bitte die zweite Möglichkeit. Dies war die Arbeit von Profis. Und Möglichkeit eins legt den Schluss nahe, dass hier - was sonst - ein Schuß nach hinten losging. Jawohl, es könnten Söldner von DAESH/ISIS/ISIL sein, die von der NATO in der Türkei und/oder in Jordanien trainiert wurden. Aber die Wirklichkeit könnte noch hässlicher und konspirativer sein. Es könnte sich auch um frühere oder sogar aktive Angehörige französischer Spezialeinheiten handeln.
Den Islam zu verdammen wird populär
Wie vorauszusehen war, schwimmen die Vertreter der These, der Islam sei immanent faschistisch, aktuell ganz oben auf der Welle. Für die schlichten Gemüter/Trolle (die Provokateure in den online-Medien) und die Horden, deren Intelligenzquotient niederen Lebensformen zur Ehre gereichte, heißt die Devise: im Zweifel den Islam verteufeln. Es ist sehr zweckdienlich, zu vergessen, dass die Herzen von Millionen namenloser Menschen von den Stammesregionen Pakistans bis hin zu den Straßen und Märkten Iraks weiterhin von Schmerz zerrissen und ihre Leben zerstört werden und sie die entbehrlichen Opfer der dschihadistischen Gesinnung - oder auch „Kalaschnikow-Kultur“, wie sie in Pakistan genannt wird - sind, die dem Westen direkt oder indirekt mittlerweile seit Jahrzehnten nützlich ist. Denken Sie an die rituellen Drohnen-Angriffe auf pakistanische, jemenitische, syrische, irakische Zivilisten. Denken Sie an Sadr-City, dass zehnmal schrecklichere Gemetzel erlebt hat als Paris.
Was Präsident Francois Hollande als einen „Akt extremer Barbarei“ bezeichnet hat - was ja stimmt - wird nicht so genannt, wenn der Westen mit Frankreich in vorderster Front zusammengewürfelte Söldner/Enthaupter von Syrien bis Libyen bewaffnet, trainiert und fernsteuert. So ist das: Zivilisten in Tripolis oder Aleppo zu töten ist in Ordnung, aber in Paris tut man so etwas nicht.
So fühlt es sich im Herzen Europas an, wenn der Schuss nach hinten losgeht. So fühlen sich die Menschen in Waziristan, wenn eine Hochzeitsgesellschaft von einer Hellfire-Rakete eingeäschert wird. Gleichzeitig ist es absolut unmöglich zu glauben, dass das hochentwickelte Netzwerk westlicher Nachrichtendienste diese Ereignisse nicht hat kommen sehen - und ohnmächtig war sie zu verhindern.
Bild: Sebastian Misseling Freidenker Galerie |
Die Welt der amerikanischen Think Tanks malt ebenso eifrig wie vorhersehbar das Szenario einer „Spaltung der muslimischen Welt“ aus, das den Dschihadisten eine Menge geopolitischen Raum verschafft und die westliche Welt letztlich in einen Bürgerkrieg der Muslime hineinzieht. Dies ist absolut lächerlich. Das Imperium des Chaos war schon in den 70er Jahren eifrig dabei, die dschihadistische/Kalaschnikow-Kultur zu pflegen um im globalen Süden alles, von der UdSSR bis zu nationalistischen Bewegungen, zu bekämpfen. Vom Schmusen der Clinton-Regierung mit den Taliban bis hin zu Cheneys, von den Vasallen im Golf unterstützten, Regime wird die Technik des Teile und Herrsche seit jeher genutzt, die Spaltung zwischen Sunniten und Schiiten zu fördern.
Cui bono also, wem nützt der Mord an Charlie? Nur denjenigen, die den Islam dämonisieren wollen. Noch nicht einmal ein Haufen gehirngewaschener Vollidioten würde das Massaker an Charlie durchziehen, um den Leuten, die sie beschuldigen Barbaren zu sein, zu zeigen, dass sie tatsächlich Barbaren sind. Die französischen Nachrichtendienste sind immerhin dahintergekommen, dass dies kein Anschlag nach Art des Unterhosenbombers war. Dies war die Arbeit von Profis, nur wenige Tage nach der Anerkennung der palästinensischen Eigenstaatlichkeit durch Frankreich. Und nur wenige Tage, nachdem Präsident Hollande die Aufhebung der Sanktionen gegen die russische „Bedrohung“ forderte.
Die Herren des Universums, die an den wahren Schalthebeln des Imperiums des Chaos sitzen, verzweifeln allmählich am systemischen Chaos in dem Spiel, das sie bislang zu kontrollieren glaubten. Täuscht Euch nicht, liebe Leser, das Imperium des Chaos wird alles in seiner Macht stehende tun, um die Auswirkungen des Anschlags auf Charlie zu nutzen - ob es nun ein Anschlag durch außer Kontrolle geratene Dschihadisten oder eine False Flag Operation war.
Die Regierung Obama ist bereits dabei den UN Sicherheitsrat zu mobilisieren. Das FBI „hilft“ bei der Untersuchung des Anschlags durch die französischen Behörden. Und wie ein italienischer Beobachter interessanterweise bemerkte, attackieren Dschihadisten keinen räuberischen Hedgefond sondern ein Haufen Satiriker. Hier geht es nicht um Religion, sondern um knallharte Geopolitik. Erinnert mich an David Bowie: „Dies ist nicht Rock‘n Roll. Dies ist Selbstmord.“
Die Obama steht bereits in den Startlöchern, um einem Westeuropa, das gerade ein wenig, ganz wenig beginnt, empfänglich für die fabrizierte Bedrohung durch die Russen zu sein, „Schutz“ nach Art der Mafia anzubieten. Und wie das immer so ist: gerade wenn das Imperium des Chaos es am meisten benötigt, erhebt das böse Terror-Monster wieder einmal sein Haupt.
Und ja, Ich bin Charlie. Nicht nur weil sie uns zum Lachen brachten, sondern vor allem weil sie Opferlämmer waren, in einem noch schrecklicheren, grausamen und niemals endenden finsteren Spiel.
Übersetzt von Hergen Matussik, herausgegeben von Dagmar Henn
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