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Partizipative Ökonomie - Eine Alternative zur Dauerkrise

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Das unabhängige Nachrichtenmagazin Kontext TV hat eine neue Sendung veröffentlicht:

Sowohl die Finanz- und Wirtschaftskrise in Europa und den USA als auch die sozialen Proteste weltweit haben eine grundsätzliche Kritik am Kapitalismus sowie eine Diskussion über Alternativen wieder stärker in den Fokus gerückt. Gleichzeitig sind große Teile der Bevölkerungen in Europa, aber auch in den USA unzufrieden mit dem ökonomischen System. 80 Prozent der Deutschen wünschen sich nach Umfragen ein anderes Wirtschaftssystem. 40 Prozent der US-Bevölkerung haben heute eine negative Einstellung dem Kapitalismus gegenüber. Eine Mehrheit junger Amerikaner zieht nach einer Untersuchung des Pew Research Centers Sozialismus der Marktwirtschaft vor.

Der US-Publizist, Aktivist und Ökonom Michael Albert hat bereits vor mehr als 20 Jahren ein alternatives Wirtschaftsmodell entworfen und weiter entwickelt, das er Participatory Economy – partizipatorische Ökonomie – kurz Parecon, nennt. Es stellt nicht nur eine Alternative zum Kapitalismus dar, sondern auch zu einem zentral geplanten Sozialismus. Die partizipative Ökonomie setzt an die Stelle von Besitz, ungleicher Einkommenverteilung, Arbeitsteilung und Märkten bzw. Zentralplanung partizipatorische Institutionen wie Arbeiter- und Konsumentenräte, gleichmäßige Einkommensverteilung, ausbalancierte Arbeitskomplexe und partizipatorische Planung. Damit könne man auch die „Dauerkrise“ des Kapitalismus, die alltäglich Armut und Elend selbst in Industriestaaten produziere, beheben und Solidarität und Gerechtigkeit befördern, so Albert. Die Betriebsübernahmen in Argentinien im Zuge der Wirtschaftskrise 2001 zeigten aber auch die Probleme bei der Umsetzung.

Gäste:

Michael Albert: Publizist, Aktivist und Ökonom in den USA, Mitbegründer des alternativen Verlags South End Press, des Magazins ZMag und der Internetplattform ZNet. Albert ist Autor von zahlreichen Bücher wie "Realizing Hope. Life Beyond Capitalism" und "Parecon". Er hat mit "Participatory Economics", einer partizipativen Ökonomie, ein Konzept für eine alternative Wirtschaftsform entwickelt.

Der Beitrag gliedert sich in drei Teile:

1. Was ist partizipative Ökonomie?

Bereits vor über 20 Jahren entwickelt Michael Albert ein alternatives ökonomisches System. Es stellt nicht nur eine Alternative zum Kapitalismus dar, sondern auch zu einem zentral geplanten Sozialismus und der Idee eines Bio-Regionalismus, in dem Regionen wirtschaftlich unabhängig voneinander funktionieren sollen. Das Konzept nennt sich „Participatory Economy“, partzipative Ökonomie. Anstatt Konkurrenz und Ungleichheit zu fördern stellt sie Solidarität und wechselseitige Hilfe ins Herz der Ökonomie. Um dieses Ziel zu erreichen sollten nach Albert vier alternative Institutionen geschaffen werden: Sich selbst verwaltende Arbeiter- und Konsumentenversammlungen, gleichmäßige Einkommensverteilung nach Intensität, Dauer und Belastungsgrad sozial wertvoller Arbeit, ausbalancierte Arbeitskomplexe und partizipatorische Planung. Das Ziel müsse Klassenlosigkeit sein. Partizipative Ökonomie will dabei nicht nur den Markt und die 2-Prozent-Besitzerklasse als treibende Kräfte der Wirtschaft auflösen, sondern auch die Arbeitsteilung. Die selbstverantwortlichen Tätigkeiten, auf die eine 20-Prozent-Koodiniererklasse aus Ingenieuren, Rechtsanwälten und Managern ein Monopol besäßen, müssten gleichmäßig auf die Bevölkerung verteilt werden.
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2. Der Finanzcrash und die Dauerkrise des Kapitalismus: Eine alternative Krisenbewältigung:

Auch vor der Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2008, dem teilweisen Zusammenbruch des Systems, habe sich der Kapitalismus in einer Krise befunden. „Der Unterschied zwischen der derzeitigen Krise und der Dauerkrise ist, dass die aktuelle Krise auch die Mächtigen und Reichen trifft. Daher wird darüber geredet und öffentlich debattiert. Daher müssen Lösungen gefunden werden. Vor dem Finanzchaos starben jedes Jahr zehn Millionen Menschen weltweit, wahrscheinlich sogar hundert Millionen an vermeidbaren Krankheiten und Hunger, obwohl das vermeidbar war“, so Albert. Das Leiden vieler Menschen, die selbst in den Industrienationen wie den USA unterhalb der Armutsgrenzen lebten, sei nicht Resultat des Finanzcrashs und des Wirtschaftsabschwungs, auch wenn diese die Situation der Ausgegrenzten verschärften. Eine wirkliche Lösung der Krise könne daher nicht darin bestehen, den status quo vor der Krise wieder herzustellen, während die Eliten ihre alten Positionen bewahrten. Das sei jedoch der Weg, den die Regierungen eingeschlagen hätten. Eine alternative Krisenbewältigung müsste tatsächliche Gerechtigkeit und Fairness anstreben. Die Entwicklung und Verwirklichung von Alternativen sei notwendig. Die Proteste und Bewegungen sollten ihre Forderungen darauf ausrichten. Weiter 05:04 Minuten >>>

3. Was wir von Betriebsübernahmen in Argentinien lernen können: Die Rückkehr der Koordiniererklasse:

Eine alternative Wirtschaftsweise in Betrieben umzusetzen stoße notwendiger Weise auf eine Reihe von Problemen, sagt Albert. Das könne man sehr gut an den hunderten Betriebsübernamen in Argentinien im Zuge der Wirtschaftskrise im Jahr 2001 sehen. Albert schildert Begegnungen mit argentinischen Arbeitern, die bankrotte Firmen übernahmen, die von ihren Besitzern und Koodinierern aus Managern, Ingenieuren und Buchhaltern verlassen wurden. Während man es schaffte, die Betriebe wieder zum Laufen zu bringen, scheiterten die „Take Overs“ gleichzeitig, eine alternative Wirtschaftsweise aufzubauen. In nur wenigen Jahren herrschten wieder Hierarchien und Entfremdungen, nun ohne Eigentümer, so die Klagen vieler Arbeiter. Der Grund dafür sei jedoch nicht, so Albert, dass die Menschen keine Alternative zuließen, sondern dass die Übernahmen weiter an Arbeitsteilung und Märkte gebunden blieben. Es gäbe zwar keine Besitzer mehr, aber eine neue Koodiniererklasse hätte das Ruder übernommen und erzeugte wieder Hierarchien, während Märkte die Ungleichheiten verstärkten. Um eine nachhaltige Änderung zu bewirken, müssten auch diese Institutionen durch Alternativen ersetzt werden, während die partizipatorischen Projekte sich gleichzeitig miteinander vernetzen und koodinieren sollten. Weiter 12:22 Minuten >>>

Mehr zum Thema:
Gegenmeinung: Die Übernahme; The Take (La Toma) - Dokumentarfilm, 2004. Mit deutschen Untertiteln. Regie: Avi Lewis, Drehbuch: Naomi Klein.....




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