Karikatur:© Kostas Koufogiorgos, www.koufogiorgos.de |
Von Savannah Luschei
Information Clearing House, 18.11.13
James Risen, ein Reporter der New York Times, dem eine Gefängnisstrafe droht, weil er sich geweigert hat, seine Quellen preiszugeben, warf der US-Regierung am Donnerstag in einem seiner seltenen öffentlichen Auftritte vor, die Pressefreiheit einzuschränken, und forderte seine Journalisten- Kollegen auf, "zu kapitulieren oder zu kämpfen".
Risen sprach am Donnerstagsabend im Berdahl Auditorium der Stanley Hall vor etwa 300 Rechtsanwälten, Journalisten und anderen Zuhörern in einer Veranstaltung zu dem Thema "Strafverfahren gegen die Presse", zu der die UC Berkeley Graduate School of Journalism eingeladen hatte. Außer ihm redete auch noch Lowell Bergman, der Direktor des Fachbereichs "Investigativer Journalismus" dieser Schule. Risen sagte, wegen des mangelhaften Schutzes für Journalisten, die sich wie er mit Fragen der nationalen Sicherheit beschäftigen, habe ihn die US-Regierung auffordern können seine Quellen zu offenbaren; diese Forderung bedrohe aber die Pressefreiheit.
"Das wirft die grundsätzliche Frage auf, können wir Journalisten einem Informanten, der Regierungsinterna weitergeben, aber anonym bleiben möchte, überhaupt noch Vertraulichkeit zusichern?" fragte er ins Publikum, in dem auch prominente Gäste wie Daniel Ellsberg saßen; der bekannte Whistleblower hat 1971 der New York Times die "Pentagon-Papiere" zugespielt.
Risen droht eine Haftstrafe, weil er 2008 nicht bereit war, vor der Jury eines Bundesgerichts gegen den ehemaligen CIA-Offizier Jeffrey Sterling auszusagen. Sterling war beschuldigt worden, geheime Informationen weitergegeben zu haben, die Riesen in einem Kapitel seines 2006 erschienenen Buches "State of War: The Secret History of the CIA and the Bush Administration" (Kriegszustand: Die geheime Geschichte der CIA und der Regierung Bush) verarbeitet haben soll. Risens Rechtsanwälte wollen vor dem U.S. Supreme Court Berufung gegen die drohende Haftstrafe einlegen.
Risen erklärte, seine anfängliche Verwunderung über die Vorladung (mit der er zu einer Aussage gegen seinen vermuteten Informanten gezwungen werden sollte) sei geschwunden, als Präsident Barack Obama immer mehr Sicherheitsgesetze der Bush-Administration übernommen habe, mit denen nach den Ereignissen am 11.09. (2001) die Pressefreiheit eingeschränkt worden sei.
"Als ich in den 1990er Jahren angefangen habe, mich mit der CIA zu beschäftigen, waren die Spielregeln noch klar," führte er aus er. "Wenn man eine Story schrieb, über die sich die Regierung ärgerte, suchte sie zwar nach dem Leck, ließ den Schreiber aber in Ruhe. Er hatte nichts zu befürchten."
Durch die zunehmende Strafverfolgung von Journalisten werde der Reporter immer mehr zum Guerilla-Kämpfer, beklagte Bergman. Ohne ein neues Medienschutzrecht werde man ganz neue Wege gehen müssen, um Informanten Vertraulichkeit garantieren zu können.
Als er gefragt wurde, ob er um sein Wohlergehen besorgt war, als sein Buch erschienen sei, antwortete Risen, er habe lange überlegt, ob er das Buch überhaupt veröffentlichen solle.
Er sei aber zu dem Ergebnis gekommen: "Wenn ich diese Story nicht rausbringe, kann ich nicht mehr als Journalist arbeiten. Ein Reporter muss veröffentlichen, was er herausgefunden hat."
Die Veranstaltung war die erste in einer Reihe, die von der Graduate School of Journalism zum bevorstehenden 50. Jahrestag der Gründung der Bewegung zum Schutz der Redefreiheit durchgeführt wird.
Übersetzung: Wolfgang Jung, luftpost kl.-de