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Britisch-deutscher Machtkampf in Europa - Merkel sammelt ihre Truppen

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Mowitz
In Zeiten internationaler Verwerfungen zogen die sogenannten Eliten schon immer die nationale und/oder religiöse Arschkarte um die eigenen Reihen fest zu schließen. So auch heute, wenn die britische Premierministerin Theresa May ihre angekündigte EU-Austrittsrede (Brexit) hält, und Merkel gestern auf dem Neujahresempfang der Industrie- und Handelskammer (IHK) Köln einen engen Schulterschluss von Politik und Wirtschaft forderte, und die Vertreter der deutschen Wirtschaft zu einem gemeinsamen Handeln ermahnte.

Haben die britischen Eliten zumindest ihre Bevölkerung über einen Verbleib in der EU frei und souverän abstimmen lassen, lässt Merkel wie gewohnt den deutschen Michel außen vor. Für Merkel reicht es mit deutschen Wirtschaftseliten die Marschrichtung in und über Europa auszuhandeln, ohne zu merken, dass andere europäische Staaten ein anderes Demokratieverständnis haben, als es im wieder neu erwachenden Großdeutschland der Fall ist. Merkel verwies darauf, dass nicht noch jedes der 27 verbleibenden Mitgliedsstaaten auch seine Rosinen herauspicken kann, und trotzdem den vollen Zugang zum Binnenmarkt behalten würde.

Merkel befürchtet anscheinend wie Trump weitere EU-Austritte - womit beide wohl nicht falsch liegen.

Donald Trump, gewählter Präsident der USA, Rüpel oder nicht, wird in seinem Interview mit Bild und Times mit wenig Erfreulichem über Deutschland, die CDU-Riesenpolitikerin aus der Uckermark und der deutschen Autoindustrie zitiert. "Sehen Sie sich die Europäische Union an, die ist Deutschland. Im Grunde genommen ist die Europäische Union ein Mittel zum Zweck für Deutschland." Das Trump damit richtig liegt, sollte eigentlich schon spätestens seit 2011 bekannt sein, als CDU-Fraktionschef Volker Kauder mit seinem provinziellen Satz „In Europa wird wieder Deutsch gesprochen“ auf dem CDU-Parteitag in Leipzig den deutschen Interessen keinen Gefallen tat.

Karikatur:© Kostas Koufogiorgos, www.koufogiorgos.de

Man muss einen Mann wie Trump wirklich weder mögen noch lieben. Aber er ist als gewählter Präsident der USA ein Mann mit Macht und Einfluss. Falls ihn seine Gegner in den USA gewähren lassen und ihn nicht durch ein Impeachment oder Schlimmeres, von der Macht entfernen. Merkel erschüttert die Großmacht USA so wenig wie die Großmächte Russland oder China. Und falls ihr das noch keiner gesagt hat, so kommt sie vielleicht selber drauf, dass Deutschland zwar ein wirtschaftlicher Riese, aber ein politisch/militärischer Zwerg ist, der gegenüber den USA nur durch vasallenhafte Befolgung von Wünschen und Befehlen Washingtons den Eindruck erwecken kann, Wichtiges zu bewegen. Aber für einen aufrechten Gang eines Landes reicht es nicht aus Fußballweltmeister zu sein. Dazu benötigt man eine wirkliche Elite (Auslese der Besten), in Deutschland (und Europa). Und die Teilnahme an unzähligen Schwatzshows ist eher ein Freifahrtsschein in Parlamente und Regierung für Dummies, als ein Rekrutierungsverfahren für politische Köpfe.

Ein "harter" Austritt Großbritanniens aus der EU wird nicht spurlos an der deutschen Wirtschaft vorübergehen. Zwischen 2010 und 2015 erhöhte sich der deutsche Export von ca. 59 Milliarden Euro auf 89 Milliarden Euro 2015 - ein Plus von etwa 50 Prozent. Der deutsche Außenhandelsüberschuss gegenüber Großbritannien stieg von ca. 21 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf mehr als 50,5 Milliarden Euro im Jahr 2015 an. Insgesamt flossen von 2010 bis 2015 Außenhandelsüberschüsse von mehr als 196 Milliarden Euro aus Großbritannien in die Bundesrepublik ab.

Weder Merkel noch die deutsche Wirtschaft steht mit vollen Händen da und kommandiert den Briten kurz und bündig "links, rechts, gerade aus, oder Rolle rückwärts." Die Briten haben nie gezaudert ihre eigenen Interessen, oder was sie dafür hielten, nach vorne zu stellen. Auch wenn ihr Kolonialreich dabei in die Brüche ging.

Ich traue Merkel durchaus zu, nachdem sie Russland schon verprellt hat, es sich nun auch noch mit der Wall Street zu verscherzen. Und das gleichzeitig. So eng liegt politisches Versagen beieinander. Worthülsen reichen nicht um in Geschichtsbüchern einen Platz einzunehmen. "Yes we can" nicht - und "Wir schaffen das" auch nicht.

Merkel hätte bei Russlands Präsident Putin in die Lehre gehen müssen, bevor sie sich als Lehrmeisterin Europas und der EU aufspielte. Nun hat sie die EU gegen die Wand gefahren. Das wird uns alle noch zu schaffen machen.

FH

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