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Black Agenda Report, 29.05.13
Der Propaganda-Apparat des Präsidenten Obama läuft auf Hochtouren – das deutet darauf hin, dass er vorhat, den Krieg und seine Machtbefugnisse als Oberbefehlshaber noch stärker auszuweiten. Gleichzeitig spielt er uns den zögernden Kriegsherrn vor, der die Machtfülle, die er sich verschafft hat, eigentlich überhaupt nicht will. In Wirklichkeit möchte er sich aber zu einer Eskalation der US-Offensive gegen die Weltordnung und gegen die bürgerlichen Freiheiten ermächtigen lassen.
Er gibt vor, nichts Unrechtes getan zu haben
Barack Obama ist ein Meistertrickser, ein Chamäleon und ein notorischer Lügner. Dieser Mann, der sich das Recht anmaßt, überall auf der Welt jeden umbringen zu lassen, der ihm nicht passt, der sich dabei nur auf Geheimdiensterkenntnisse und geheime Rechtsvorschriften beruft und vor niemandem verantworten muss – dieser Mann wollte uns weismachen, dass "Washingtons ewiger Krieg" eines Tages enden werde – irgendwann in ferner Zukunft, wenn er selbst schon lange nicht mehr im Amt ist. Er teilte seinen potentiellen Opfern in aller Welt mit, er habe – mit sich selbst? – einen Geheimvertrag geschlossen, der festlege, dass er Drohnen-Angriffe auf Ziele beschränken werde, die "eine ständige, unmittelbare Bedrohung für US-Bürger" darstellten und nicht festgenommen werden könnten; das hat das Weiße Haus auch bisher schon versprochen, aber nicht eingehalten. Er gab vor, mehr Gnade walten zu lassen, weil ihn die vielen namenlosen Toten "verfolgten", und behauptete gleichzeitig, kein Unrecht begangen zu haben.
Er ist ein Mann der grenzenlosen Selbstbeweihräucherung, der uns immer wieder einlädt, ihm und seinem wild rotierenden moralischen Kompass zu folgen. Vor allem will er nicht George W. Bush sein – und von dem unterscheidet er sich ja auch, denn er ist jedenfalls jünger, rhetorisch geschickter und schwarz. (Er sagte:) "Nach Afghanistan werden wir `den globalen Krieg gegen den Terror` nicht endlos weiterführen, sondern uns eher auf eine Reihe gezielter Aktionen beschränken, um einzelne Netzwerke von Extremisten auszuschalten, welche die USA bedrohen." Durch einen Zaubertrick definierte er den "ewigen US-Krieg gegen den Terror" einfach um, indem er ihn in eine endlose Folge von Einzelinterventionen aufspaltete; gleichzeitig versicherte er, die US-Truppen würden ja "bald aus Afghanistan abziehen", verschwieg aber, dass Tausende von Soldaten der Special Forces dort bleiben und auf unabsehbare Zeit rund um die Uhr Razzien durchführen werden, während seine Drohnen den Tod vom Himmel regnen lassen.
Die geplanten "gezielten Aktionen" begründet Obama mit angeblich bestehenden "akuten Bedrohungen" für die Sicherheit der USA, die von Geheimdiensten erkannt und gemeldet werden sollen. Seine Eminenz (Obama) entscheidet dann allein darüber, ob es sich wirklich um eine akute Bedrohung handelt. Obama ist auch der Schiedsrichter, der befindet, wer für immer ohne richterliche Anordnung oder öffentliche Anklage eingesperrt werden muss, weil ihm "Beziehungen zu Terroristen" vorgeworfen werden; und wer ein Terrorist ist, legt Obama auch gleich selbst fest. Und für diese Willkür bittet er noch nicht einmal um Verständnis.
Seine Eminenz entscheidet allein, was eine akute Bedrohung ist
(Er erklärte,) die USA müssten (im Geschichtsbuch die Seite über) die vergangene Epoche umblättern, "weil sich die Bedrohung verändert habe und nicht mehr mit der Bedrohung übereinstimme, die (mit den Anschlägen) am 11.09. entstanden sei. Eine neue Einschätzung sei notwendig, und "bei der Planung unserer Gegenmaßnahmen müssten wir beachten, dass die gegenwärtige Bedrohung der ähnele, mit der wir uns schon vor dem 11.09. konfrontiert sahen". Warum lässt er dann nicht sofort alle Anti-Terrorgesetze aufheben, die im Lauf der letzten 12 Jahre beschlossen wurden – einschließlich des im National Defense Authorization Act / NDAA enthaltenen Gesetzes zur vorbeugenden Inhaftierung, das Obama selbst eingebracht hat. (Weitere Infos dazu hier). Wenn der Präsident wollte, könnte er diese Vorschriften auch einfach aussetzen oder sich weigern, sie anzuwenden. Stattdessen verteidigte Obama die Machtfülle, die er sich durch eine sehr großzügige Auslegung dieser Gesetze verschafft hat, und erinnerte daran, dass die gesetzliche Grundlage für seine Befugnis, töten zu lassen, wen er will, die 2001 vom Kongress beschlossene Authorization for Use of Military Force / AUMF sei. Obama deutete zwar vage an, dass der Kongress die AUMF außer Kraft setzen könnte, es gibt aber keine ernstzunehmenden Anzeichen dafür, dass er sich selbst darum bemühen will, dass die Entscheidungsgewalt über Krieg und Frieden, die jeder Präsident (seit der Verabschiedung der AUMF) hat und die er selbst in den vergangenen vier Jahren sehr extensiv ausübte, wieder eingeschränkt wird.
Obamas sehr großzügige Auslegung der AUMF – als gesetzlichen Grundlage (für jede Form der Gewaltanwendung) – wurde bisher als Staatsgeheimnis gehütet. Sie war auch für die meisten US-Senatoren neu, bis Michael Sheehan, der Staatsekretär, der im Pentagon für Spezialoperationen – zum Beispiel von Todesschwadronen – zuständig ist, ihnen Anfang Mai eröffnete, dass Obama unter Berufung auf die AUMF "überall Bodentruppen einsetzen könnte", wenn ihn geheime Informationen dazu zwängen – "auch im Jemen oder im Kongo".
Die Senatoren waren fassungslos – obwohl es kein Geheimnis ist, dass Obama bereits US-Spezialkräfte in die Demokratischen Republik Kongo, nach Uganda, in die Zentralafrikanische Republik und in den Südsudan entsandt hat und eine Kampfbrigade zum Einsatz auf dem afrikanischen Kontinent bereitstellen ließ (s. hier). In Zentralafrika hat Al-Qaida bisher kaum Fuß fassen können. Der "böse Bube", der sich dort im Busch versteckt, ist Joseph Kony, der christliche Chef der Überbleibsel der Lord`s Resistance Army (Infos dazu s. hier). Obama autorisierte den dortigen Einsatz unter Berufung auf die Doktrin der "Humanitären Intervention" und auf die "Responsibility to Protect / R2P"; das sind Umschreibungen für "Krieg", die zur Umgehung des Völkerrechts erfunden wurden und im US-Recht überhaupt nicht vorkommen. Wenn Obama tatsächlich die AUMF außer Kraft gesetzt sehen möchte, wie er letzte Woche (in seiner Rede) angedeutet hat, könnte er sich bei seinen Interventionen immer noch auf die R2P stützen.
Warum lässt Obama nicht die Anti-Terrorgesetze außer Kraft setzen, die in den vergangen 12 Jahren beschlossen wurden?
Todesschwadronen-Boss Sheehan will die AUMF beibehalten, bis Al-Qaida auf dem "Müllhaufen der Geschichte" gelandet ist – was er aber erst in "10 bis 20 Jahren" erwartet. Da er in Obamas Namen die gezielten Tötungen ausführen lässt – sein Gegenstück bei der CIA bleibt natürlich im Dunkeln – sollte man eigentlich annehmen, dass Sheehan und Obama die selbe Seite (im Geschichtsbuch) meinen, wenn es um Al-Qaida und die AUMF geht. Nun hat uns Obama aber erzählt, dass er diese Seite umblättern will.
Obama ist sehr gut im Umblättern von Seiten, im Schaffen vollendeter Tatsachen und im Verbergen der Erbse in seiner Hand, während wir herauszufinden versuchen, unter welchem Becher sie gerade steckt. Seine Aufforderung an den Kongress, sich um einen Ersatz für die AUMF zu kümmern – ohne einen eigenen Vorschlag zu machen – ist nur ein Trick; eigentlich will Obama die unter Bush durchgesetzte Ermächtigung, die unter seiner Regierung stark ausgeweitet wurde, vom Kongress nur bestätigt haben. Denn wenn der Kongress nichts unternimmt – was sehr wahrscheinlich ist – kann Obama auch für den Rest seiner Amtszeit den (angeblich) zögernden und von Selbstzweifeln geplagten, aber weltweit agierenden Mörder geben und seine Gegner wie bisher vorbeugend einsperren und zu "Regimen" erklärte Regierungen stürzen lassen. Mit seiner Rede hat er – verdammt noch mal – überhaupt nichts geändert. Der Autor und BAR-Chefredakteur Glen Ford ist zu erreichen über Glen.Ford@BlackAgendaReport. com .
Mit seiner Rede hat er – verdammt noch mal – überhaupt nichts geändert.
Der Autor und BAR-Chefredakteur Glen Ford ist zu erreichen über
Glen.Ford@BlackAgendaReport.com .
Übersetzung: Wolfgang Jung, luftpost-kl.de
Obamas Rede zur Drohnen-Politik.....