Bild: Sebastian Misseling, Freidenker Galerie Der beste Freund eines Despoten wird zuletzt sein ärgster Feind! |
Information Clearing House, 10.06.14
Ob er wohl noch für seine früheren Herren in Washington DC arbeitet?
Aus zwei in der WikiLeaks Public Library veröffentlichten US-Diplomaten-Depeschen geht hervor, dass Petro Poroschenko, der neu gewählte Präsident der Ukraine, ein Agent des US-Außenministeriums war. In einer vertraulichen Mitteilung, die am 29. April 2006 in der US-Botschaft in Kiew verfasst wurde, wird er zweimal erwähnt.
"Während eines Treffens des US-Botschafters (in der Ukraine) mit dem Insider Petro Petroschenko vom Blok Nascha Ukrajina / NU (vom Block Unsere Ukraine), bestritt dieser entschieden, seinen Einfluss auf den Generalstaatsanwalt genutzt zu haben, um Druck auf den Tymoschenko-Stellvertreter Olexandr Turtschynow auszuüben."
"Während eines Treffens des US-Botschafters mit dem Insider Petro Petroschenko vom Blok Nascha Ukrajina / NU bestritt dieser, dass er den (ukrainischen) Generalstaatsanwalt Oleksandr Medvedko gedrängt habe, einen Haftbefehl gegen den Tymoschenko-Stellvertreter Olexandr Turtschynow zu erwirken, ... damit der Verhaftete über die angebliche Vernichtung von Erkenntnissen des [ukrainischen Geheimdienstes] SBU über Semjon Judkowitsch Mogilewitsch, eine Figur des organisierten Verbrechens [und führenden Paten der russischen Mafia,] befragt werden konnte. [WikiLeaks Public Library of U.S. Diplomacy.] Das Motiv für die angebliche Zerstörung der Geheimdiensterkenntnisse war einer Depesche der US-Botschaft vom 14. April 2006 zu entnehmen:
"... Der ukrainische Geheimdienst hatte Erkenntnisse über die Kooperation der Frau Tymoschenko mit Mogilewitsch während ihrer Zeit als Chefin der United Energy Systems gegen Ende der 1990er Jahre." [WikiLeaks, s. hier]
Die ehrgeizige Oligarchin Julija Tymoschenko war ein Lieblingskind der Regierungen unter Bush und Obama – wegen ihrer Rolle in der Orangenen Revolution von 2004, in der die erste anti-russische ukrainische Regierung an die Macht kam. Sie war auch an der Aushandlung des Erdgas-Deals zwischen der Ukraine und Russland beteiligt.
Wie aus einer weiteren Erwähnung Poroschenkos hervorgeht, erkannte das US-Außenministerium schon damals den künftigen Wert dieses Insiders. "Der NU-Insider Petro Petroschenko könnte für das Amt des Premierministers in Frage kommen." [WikiLeaks, s. hier]
Die damalige US-Außenministerin Hillary Clinton hat den jetzt zum Präsidenten gewählten Petroschenko bereits 2009 getroffen, als er noch Außenminister der Ukraine war. Das Ergebnis dieses Treffens ist in einer vertraulichen Depesche der US-Botschaft in Kiew vom 18. Dezember 2009 enthalten:
"In dem Gespräch [mit dem ukrainischen Außenminister Petro Poroschenko] betonte US-Außenministerin Clinton, dass die USA viele Wege sehen, die zu einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine führen könnten." [WikiLeaks. s. hier]
Weil er insgeheim als "unser Insider" betrachtet wurde, muss Poroschenko die Rolle eines Agenten gespielt haben, also jemand gewesen sein, "der irgendwann von einem Geheimdienst angesprochen und als dessen Informant rekrutiert wurde. Die Person, der ein Informant berichtet – der eigentliche Geheimdienstagent – wird als Agentenführer bezeichnet.
[Encyclopedia of Espionage, Intelligence, and Security, s. hier]
Poroschenko ist ein Oligarch, einer der 50 reichsten Ukrainer, die das Land beherrschen. Es ist unwahrscheinlich, dass der heutige Präsident für seine Dienste (für die USA) bezahlt wurde, mit ziemlicher Sicherheit konnte er aber finanzielle Vorteile daraus ziehen.
Inmitten des Chaos und der Zerstörung, unter denen die Ukraine jetzt leidet, bedeutet Poroschenkos Wahl die totale Synchronisation der Politik der Ukraine mit der US-Politik. Das gilt auch für die Ostukraine, wo Zivilisten in Dörfern und Städten mit Artillerie und aus Hubschraubern beschossen werden.
Hat das Treffen (in der Normandie) am D-Day falsche Hoffnungen geweckt?
Bei der Feier zur Erinnerung an den D-Day in Frankreich haben die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der französische Staatspräsident Francois Hollande ein fünfzehnminütiges Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem neu gewählten ukrainischen Präsidenten arrangiert. Beide Staatsmänner stimmten darin überein, dass die Militäraktionen gestoppt werden müssen, und vereinbarten einen Termin für eine Konferenz, auf der über dieses Ziel verhandelt werden soll. Putin hat darüber hinaus der Ukraine angeboten, russisches Erdgas zum vorher üblichen ermäßigten Preis zu liefern.
Der britische Guardian hat gemeldet: "Putin begrüßte Poroschenkos Aussage, das Blutvergießen beenden zu wollen, und dessen Bereitschaft zur Lösung der Krise, will aber abwarten, bis der ukrainische Präsident die Details in der Ukraine abgeklärt hat." Poroschenko hat den Ukrainern auch schon einige Details genannt, die haben aber nicht Putins Erwartungen entsprochen und konnten ihn nicht zum Handeln ermuntern. In seiner Antrittsrede in Kiew hat der neue Präsident auch seinen Wunsch bekräftigt, das Assoziierungsabkommen (der Ukraine) mit der Europäischen Union zu unterzeichnen und die volle Integration in die EU anzustreben, was auch die Mitgliedschaft in der NATO einschließe.
"Liebe Freunde, mein Federhalter liegt schon zur Unterzeichnung bereit. Sobald die EU einen entsprechenden Beschluss vorlegt, wird der ukrainische Präsident das Dokument sofort unterschreiben. Wir sehen das Assoziationsabkommen nur als ersten Schritt zur vollen Mitgliedschaft der Ukraine in der Europäischen Union," erklärte Petro Poroschenko am 7. Juni.
Während Poroschenko sprach, hörten nach einer ABC-Meldung, die ebenfalls am Freitag, dem 7. Juni, verbreitet wurde, "die Bewohner [von Slowjansk in der Ostukraine.] die Granaten in der Stadt explodieren".
Welchem Poroschenko können wir glauben: dem "Insider", der für die USA gearbeitet hat, oder dem gewählten Staatsoberhaupt eines souveränen Staates, das eine ehrliche Diplomatie verspricht?
Wir sollten uns eher an die kriegerische Rhetorik in seiner Antrittsrede halten. In einer Dokumentation hat (der russische TV-Sender) RT über die Aktivitäten der Truppen des Präsidenten Poroschenko in Slowjansk berichtet: Allein gestern haben Luftangriffe auf das von Separatisten besetzte Rathaus von Slowjansk acht Tote gefordert.
"Tod und Zerstörung werden aus der Ostukraine gemeldet, weil die Truppen aus Kiew die rebellische Stadt Slowjansk wieder mit Artillerie beschießen. Einheimische haben RT berichtet, dass sie seit Tagen ohne fließendes Wasser und Strom sind und dass ihre Hoffnung schwindet."
Die 5 Milliarden Dollar, die zur Einsetzung einer US-freundlichen Regierung in der Ukraine investiert wurden [s. hier], beginnen sich auszuzahlen. "Unser ukrainischer Insider" Petro Poroschenko ist Präsident geworden. Schon vor fünf Jahren wurde ihm mitgeteilt, dass die USA die Ukraine in der NATO haben wollen, und er hat sicher auch die Rede des US-Vizepräsidenten Joseph Biden in Kiew gehört. Ohne Votum des Kongresses und ohne einen geltenden Vertrag hat Biden der durch einen Staatsstreich an die Macht geputschten (neuen ukrainischen) Regierung versichert, dass die US-Regierung sie unterstützen werde.
Angesichts der russischen Aggression versprach Biden der Ukraine den Beistand der USA.
"Ich bin in die Ukraine gekommen, um Sie, Herr Ministerpräsident, und alle Ukrainer wissen zu lassen, dass die Vereinigten Staaten Ihnen beistehen und die Ukrainer bei der Suche nach einer besseren Zukunft unterstützen werden. Sie sollten wissen, dass Sie diesen Weg nicht allein gehen müssen. Wir werden mit Ihnen gehen," hatte Vizepräsident Joseph Biden am 22. April erklärt.
Dass die Mitspieler und Spielpläne schon vor Jahren vorbereitet wurden, zahlt sich jetzt aus. Die Herren im Weiße Haus haben ihre "Insider" in der Ukraine an die Macht gehievt. Es lohnt sich, noch einmal zu hören, was John E. Herbst, der damalige US-Botschafter in der Ukraine und sein Stellvertreter über Poroschenko berichtet haben. Der Botschafter bezeichnet ihn als "in Ungnade gefallenen Oligarchen" und sein Stellvertreter erklärte: "Gegen Poroschenko gibt es glaubwürdige Korruptionsvorwürfe."
Die Verbreitung der "Demokratie made in USA" auf der ganzen Welt ist ein harter Job, für den immer wieder jemand eingespannt werden muss.
Übersetzung: Wolfgang Jung, luftpost-kl.de