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Die Abmachung zwischen den USA und Russland über Ukraine

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Autor: Pepe Escobar
Übersetzung: Michèle Mialane
Wenn Sie diese Zeilen lesen, wird Ukraine unter russischer Besatzung stehen. Zumindest hat es General der US Air Force Philip Breedlove, Oberster Alliierter Befehlshaber der Nordtatlantikvertrags-Organisation soeben prophezeit. Laut Super-Breedlove sind die Russen „bereit, loszugehen“ und sie könnten ohne Schwierigkeit im südöstlichen Teil der Ukraine die Kontrolle übernehmen. Die großen westlichen Medien haben ihre Kevlarwesten schon abgestaubt.

Nun vergleichen Sie Super-Breedlove mit einem ausgereiften Diplomaten, dem russischen Außenminister Sergej Lawrow, der die NATO aufgerufen hat, bitte bitte die „unvernünftige“ Kriegsrhetorik zu entschärfen, welche die offizielle Einstellung jeder zivilen und militärischen Zusammenarbeit mit Russland sowie die Planung neuer Militärvorstößein Osteuropa mit einbezieht.

Während die NATO - eine Abkürzung für Europaabteilung des Pentagons - durchdreht, insbesondere über seinen abtretenden Generalsekretär, den dänischen Strohmann Anders Fogh Rasmussen, schauen wir uns näher an, wie es vor Ort aussieht, aufgrund von Infos, die von Lecks aus der Umgebung von Lawrow und sowie aus jener des US-Staatssekretärs John Kerry stammen.

Die Kernfrage - die ein Hysterieregenbogen vernebelt- ist, dass weder Washington noch Moskau sich wünschen, dass Ukraine zur eiternden Wunde wird. Laut einer offiziellen Erklärung an Washington beabsichtigt Moskau keinesfalls, die Ukraine zu „überfallen“. Und laut einer Gegenerklärung von Washington besteht bei aller überspannten Rhetorik dort kein Wunsch nach einem NATO-Beitritt der Ukraine oder Georgiens.

Was für Schritte Washington auch unternimmt, so werden sie nicht im Stande sein, den Kreml zu überzeugen, dass der Putsch in Kiew nicht großteils durch Handlanger des Kaghanats* der Nuländer (alias Vizestaatssekretärin Victoria Nuland) orchestriert wurde. Gleichzeitig weiß der Kreml, dass die Zeit für ihn arbeitet - so wäre die bloße Erwägung einer „Invasion“ des östlichen Teils der Ukraine vollkommen kontraproduktiv.

Nun summieren Sie den lautstarken Zwist zwischen den kniffeligen Gruppen in Kiew, von den Faschisten bis hin zur Heiligen Julia „Tötet alle Russen“ Timoschenko, den Entschluss von Gasprom, den Preis des Erdgases um 80% zu erhöhen, und den IWF, der dabei ist, eine bösartige strukturelle Anpassung zu starten, nach welcher Griechenland an Aschenputtel, das sich in einem Rosengarten herumtummelt, erinnern würde: angesichts all dessen braucht Moskau nur, sich hinzusetzen, zu entspannen und das (interne) Gemetzel anzuschauen.

Dasselbe gilt auch für die Baltischen Staaten - die laut den hysterischen Behauptungen der NATO schon nächste Woche überfallen werden könnten. Da die Baltischen Staaten zur NATO gehören, dürften die Brüsseler Robocops dann tatsächlich durchdrehen. Doch können nur markengeschützte unwissende /arrogante Neocons glauben, dass Moskau seine komplexen politischen und Handelsbeziehungen mit Europa - insbesondere mit Deutschland- durch die Gefahr eines offenen Krieges in den Baltischen Staaten abbrechen wird. Auch die Deutschen wollen keinen Krieg, weder kalt noch offen. Und wenn so was bei aller Unwahrscheinlichkeit doch vorkäme- was würde dann unsere ach so chauvinistische NATO unter Führung des Pentagons machen? Das russische Territorium überfallen?

Das darf man nicht mal als miserablen Witz bezeichnen.

Übrigens, wenn wir schon von schlechten Witzen reden, dann ist es schwer, den Vizepräsidenten der Kafkaschen Europäischen Kommission Olli Rehn zu übertreffen: er hat nämlich erklärt, dass „im Interesse der Friedenserhaltung und der Stabilität auf unserem Kontinent“ die EU für ein Teil des Elf-Milliarden- Pakets IWF/ Plünderung durch den Disasterkapitalismus - entschuldigen Sie bitte: der der Ukraine gestatteten „Hilfe“ - aufkommen wird, wobei die EU-BürgerInnen millionenweise entweder arbeitslos oder arg verarmt sind.

Und was Berlin anbelangt, so versucht es vorrangig, die EU vor einem allgewaltigen Krach zu schützen. Dazu gehört, dass das ebenfalls wirtschaftlich verwüstete Zentral- und Club Med-Europa an Bord bleiben kann und dazu dem Aufstieg des bösen “ normalisierten“ Faschismus die Front zu bieten. Dazu wird ein „massives Engagement“ nicht mal als schüchterner Anfang erscheinen. Warum dieser unverdaulichen Bouillabaisse auch noch eine Konfrontation mit Moskau hinzugeben?

Eine neue Lenksäule unter der Haube

Die hohen moralischen Predigten, wie z.B. dieser Leitartikel des Guardian ("eine Halbinsel hat er gewonnen, dafür aber ein Land verloren") haben keinen Zweck. Das gilt auch für die polnische Marionette, die in Panik gerät und von der Brüsseler Mafia mehr „Schutz“ verlangt.

Wie es zu erwarten war haben die westlichen Medien erzählt, dass Putin „gezwinkert habe“ als er den US-amerikanischen Präsidenten Obama angerufen hat, um ein Lösungspaket auszuarbeiten, das vor allem eine Föderalisierung der Ukraine mit einbezieht. Die Obama-Regierung, auch wenn sie von verblüffend mittelmäßigen Mitarbeitern strotzt, weiß, dass es keinen anderen zweckmäßigen Ausweg gibt. Und dass kein auch so starker Druck Moskau zum Biegen zwingen wird. Die gesegnete Zeit, wo man dem Serientrunkbold Jelzin jede Laune aufzwingen konnte, ist längst vorbei. Gleichzeitig ist Moskau ein realistischer Akteur, vollkommen bewusst, dass eine Lösung für die ukrainische Krise zusammen mit Washington ausgearbeitet werden muss- anders geht’s nicht.

So ist Ukraine vor allem ein Detail - und „Europa“ nur ein ohnmächtiger Zuchauer. Wen rufen sie an, wenn sie sich mit Europas besprechen wollen? Die Magrittesche Null Herman von Rompuy, Präsident des Europäischen Rates? Wer in Brüssel war, weiß ganz gut, dass „Europa“ nur eine hoch gepriesene Sammlung Fürstentümer, die sich in einem sprachlichen Wirrwarr zanken. So hätte sie Machiavelli vermutlich definiert.

Zu guter Letzt hat die Obama-Regierung keine blasse Ahnung dessen, was SIE sich in Ukraine wünscht. Eine „verfassungsrechtliche Demokratie“? Damit könnte Moskau einverstanden sein, auch wenn man dort ganz gut weiß, dass es aufgrund einer Menge historisch-kultureller Gründe zum Scheitern verurteilt wäre. Die „rote Linie“ ist definiert und bis zum Überdruss eingehämmertworden: keine NATO-Stützpunkte in der Ukraine.

Die vernünftigen Players in Washington - ohnehin eine Minderheit - haben es sicher wohl gemerkt: wenn man auf Moskaus Spiel nicht eingeht, dann wird Russland bei den Verhandlungen des P5+1 (ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrates plus Deutschland) über das iranische Atomprogramm ein sehr hartes Spiel spielen.

Nur Blinde sehen nicht ein, dass Moskau und Teheran sowie Moskau und Beijing eine engere Partnerschaft entwickeln. Tatsächlich gibt es eine neue strategische geopolitische Lenksäule unter der Haube: Moskau-Beijing-Teheran, und alle Entwicklungsländer haben schon gemerkt, dass in Wirklichkeit sich dort alles abspielt. Was die Ukraine anbelangt ist es aber Tatsache, dass alles sich um Russland und die USA dreht.

* Wortspiel des Verfassers zwischen Khanat - ein türkisches bzw. mongolisches Königreich unter der Führung eines Khans - und dem Neocon und Ehemann von Frau Nuland Robert Kagan.

Originalartikel 04/04/2014

Quelle: Tlaxcala
Herausgegeben von Fausto Giudice
Фаусто Джудиче فاوستو جيوديشي

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